Arbeitszeiterfassung: Das EuGH-Urteil von 2019 (Teil 2)

Ein Rechtsstreit zwischen einem Arbeitnehmer und einer spanischen Tochterniederlassung der Deutschen Bank bildete die Grundlage dieses Urteils.

Der Arbeitnehmer berief sich auf die EU-Richtlinie 2003/88 EG, die nicht nur unter anderem Ruhe- und Pausenzeiten, sondern auch die Einhaltung der damit verbundenen Schutzvorschriften regelt. Ursprünglich vor der Audiencia Nacional verhandelt (dem Nationalen Spanischen Gerichtshof), wurde die Streitsache von dieser schließlich dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt.

Derzeit hat das Urteil noch keine konkreten Auswirkungen für Unternehmen. Denn der Europäische Gerichtshof stellt es jedem EU-Staat frei, wie er dieses national umsetzt. Unabhängig davon sei die Einhaltung und Dokumentation von Höchstarbeitszeitgrenzen und Ruhezeiten jedoch ein Grundrecht von Arbeitnehmern innerhalb der EU, welches es zu wahren gelte.

Aha. Und wie sieht das in der Praxis aus?

Für die EU-Mitgliedsstaaten bedeutet dies nicht nur, nationale Gesetzesentwürfe für die Erfassung von Arbeitszeiten verschiedener Branchen vorzulegen, sondern auch Ausnahmeregelungen (z.B. für Kleinstbetriebe) zu schaffen und Berufe zu berücksichtigen, deren Arbeitszeit generell schwer zu dokumentieren ist. Auch Home-Office wird besondere Berücksichtigung finden.

Selbst für die mit künftigen Gesetzesvorlagen konfrontierten Politiker beginnt der Arbeitstag bereits vorm Frühstück mit E-Mails und der Lektüre vieler Tageszeitungen. Journalisten sind zu jeder Zeit auf der Suche nach Stories, und vielen kreativen Freiberuflern, Beratern oder Dozenten sind geregelte Arbeitszeiten ohnehin fremd. Dem EuGH-Urteil zufolge müsste künftig jede Recherche, jedes Telefonat und das Checken von beruflichen E-Mails im Zug zeitlich erfasst werden.

Apropos Politiker. Die deutsche Regierungskoalition aus CDU und SPD zeigte sich in ihrer Meinung über das Urteil des Europäischen Gerichtshofes seinerzeit gespalten.

Während Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) eine umfassende Arbeitszeiterfassung als notwendig begrüßte, um die Rechte der Beschäftigten zu sichern, mochte der damalige Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) zunächst noch ein Rechtsgutachten in Auftrag geben, um die Frage nach einem konkreten Umsetzungsbedarf zu klären. Je nach Ergebnis des Rechtsgutachtens sollte ein Vorlageverfahren angestrengt werden.

Vorläufig ist das Thema aufgeschoben. Die designierte neue Koalition aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP wird jedoch in absehbarer Zeit zum EuGH-Urteil Stellung beziehen müssen.

 

– Aber gibt es Arbeitszeiterfassung nicht bereits? Und würde ein Akzeptieren des EuGH-Urteils die Rückkehr der Stechuhr bedeuten? Das können Sie in Teil 3 dieses Beitrags nachlesen. –


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