Semper Fidelis

Nun also wieder neue Regeln. FFP2-Masken im Einzelhandel zwingend für alle, dafür keine Impfung mehr erforderlich. Wie war das mit den falschen Signalen, die man aussendet? Ein großer Elektronikkonzern umwirbt völlig ungeniert die Impfverweigerer: „Nur noch 2G, ihr könnt wieder bei uns einkaufen!“ Und kommt sich beim Umreißen der Zielgruppe anscheinend gar nicht blöd vor.

Ich bin doch nicht blöd! Oder vielleicht doch?

Geboosterte Menschen müssen nicht mehr in Quarantäne, auch wenn sie Kontakt zu corona-positiven Menschen hatten. Aha. War da nicht was? Ach ja.. das Hauptargument fürs Impfen: Du schützt damit deine Mitmenschen. Wie geht das zusammen mit: Du hast dich womöglich angesteckt, merkst aber nichts davon, weil du bereits Antikörper gegen das Virus entwickelt hast?

Infiziert kann man also ruhig sein, solange man keine Symptome entwickelt. Und muss brav zur Arbeit erscheinen. Darf dieser nicht fernbleiben. Ist ja schließlich kein Schnupfen, bei dem man mal einen Tag zu Hause bleibt, weil man KollegInnen anstecken könnte. Sondern bloß Corona. War das nicht kürzlich noch hochinfektiös? Eine Pandemie gar, die neuesten Schätzungen zufolge bislang bis zu 5 Millionen Todesopfer forderte?

Corona? Welches Corona?

Man muss sich dieser Tage fragen, ob es zwei Sorten von Corona gibt: Das tödliche Virus und die harmlose Variante, wegen derer man nicht gleich übertreiben sollte. Nimm ein paar Vitamine und huste in die Armbeuge. Und besuch mal wieder deine Oma, sie hat schon wieder nach dir gefragt.

In den Schulen haben nur noch infizierte Schüler das Recht, zu Hause zu bleiben. Ach nee, ist ja (immer noch) ne Verpflichtung, Quarantäne und so. Der Nebenmann bleibt bitte in der Bank sitzen, bis er selbst positiv getestet wurde. Und so weiter. Ist ja die relativ harmlose Omikron-Variante.

Heute haben wir im Unterricht Stalingrad nachgespielt

Schüler, die von ihren Eltern nicht in eine Klasse voller Corona-Fälle geschickt werden, erhalten eine Ermahnung und werden von Lehrern und Mitschülern geächtet. Feiglinge. Schwächlinge. Sie schwächen die Truppe, die sich selbst zum Durchhalten verdonnert hat. Ewige Treue zur Schulleitung, bis zum letzten Mann, äh, Kind.

Schließlich drohen ja übelste psychische Schäden, wenn wir diesem Virus eine Existenz zusprechen. Keine Handbreit nachgeben, einfach ignorieren. Wir sind stärker. Wir halten zusammen. Wenn wir krank werden, dann zusammen. Wenn wir sterben, dann zus-.. ach was, wir sterben nicht. Unsere Kinder sind jung und robust.

Vielleicht haben sie später Long Covid, mag sein. Oder Opa ist hopps gegangen, pardon, ich vergaß.. das darf man den Kindern ja nicht sagen. Also, liebe Kinder, der Opa ist jetzt im Himmel. Da passt er auf euch auf und sorgt dafür, dass ihr bald wieder ganz gesund werdet. Wollen wir für Opa beten? War ein guter Mann und hat sich brav impfen lassen.

Hat trotzdem nicht gereicht.

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New Work (Teil 5)

Zur Zeit der geistigen Geburt von New Work in den 1970ern sah die Arbeitswelt noch ganz anders aus. Doch auch heute, da einzelne Unternehmen aus freien Stücken die 4-Tage-Woche einführen oder Mitarbeiter zu Mitunternehmern machen, tut sich die Politik schwer damit, die organisatorischen und rechtlichen Rahmenbedingungen für bessere New Work zu schaffen. Zum Thema (Neue) Arbeit äußern sich nahezu alle deutschen Volksparteien gleichermaßen reserviert.

Wie steht die Politik zur New Work?

So propagiert die CDU einen Rechtsanspruch auf Teilzeit, die SPD möchte diesen für Home Office verankern. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) versucht, mit seinem „Arbeit-von-morgen-Gesetz“ Stellenabbau zu vermeiden und die Kurzarbeit in Kombination mit Weiterqualifizierungen zu fördern – ein ähnlicher, wenn auch nicht so weit gefasster Ansatz wie in den 1970ern  bei General Motors in Flint.

Die Grünen stellen in Aussicht, nach der Elternzeit früher als bisher wieder in den Beruf zurückzukehren zu können, und die Linke hat immerhin das Thema Crowdworking (freiberufliche Auftragsarbeit, z.B. Texterstellung) für sich entdeckt und möchte Selbstständige sozialrechtlich absichern. So oder so: Die Fokussierung auf Home Office allein genügt nicht.

Pro und contra: Home Office

Apropos Home Office. Einer der wenigen Kritikpunkte an New Work bezieht sich auf den fließenden Übergang zwischen Berufs- und Privatleben. Da eine klare Abgrenzung fehle, häuften Mitarbeiter im Home Office viele Überstunden an, für die sie überdies nicht entlohnt würden. Andere Kritiker argumentieren, Unternehmen seien nicht dem Wohlbefinden ihrer Mitarbeiter, sondern dem ihrer Kunden verpflichtet. Glückliche Mitarbeiter rechtfertigten keine möglichen Auftragsverluste.

Nun liegt es New Workern fern, ihrem Unternehmen Umsatzeinbußen zu bescheren, schließlich verstehen sie sich als Teil desselben. Und es obliegt jedem Unternehmen, die Regeln der New Work zu umreißen. Home Office beispielsweise ist nicht per se an eine Rufbereitschaft rund um die Uhr gekoppelt. Umgekehrt greifen Mitarbeiter aber gerne auch mal im heimischen Büro zum Hörer, wenn nach dem beruflichen Telefonat im Garten die Wasserschlacht mit dem Nachwuchs wartet.

Ja, Arbeit darf nämlich durchaus Spaß machen. Auch wenn Frithjof Bergmann dieses Wort im Zusammenhang mit New Work so gar nicht gefällt.

 

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