Potzblitz, eine generelle Zeiterfassung?!? (Teil 1)

Faustdicke Überraschung?

Ein Grundsatzurteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) in Erfurt erhitzt derzeit die Gemüter. Genauer: Dessen Urteilsbegründung. Sie erinnert daran, dass die Frage nach der Umsetzung einer generellen Arbeitszeiterfassung in Deutschland noch immer unbeantwortet ist, obwohl laut Ansicht des BAG seit Jahren hierzu eine Verpflichtung besteht.

In den aktuellen Beiträgen renommierter Fachblätter zum Urteil 1 ABR 22/21 des Bundesarbeitsgerichts werden immergleiche, markige Ausrufe wie „Ein Paukenschlag!“, „Ein Meilenstein!“ oder „Eine faustdicke Überraschung“ von Arbeitsrechtsexpert:innen und Arbeitgebervertreter:innen zitiert.

Ein Armutszeugnis für den seriösen Journalismus

Ein Zeichen dafür, wie wenig Mühe sich Vertreter:innen des aufklärenden Journalismus mittlerweile bei der Recherche und Aufbereitung komplexer Sachverhalte für die Leser:innen machen. Abschreiben ist offenbar nicht nur salonfähig geworden, sondern gilt als neuer, investigativer Weg.

Steffen Kampeter, der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände (BDA), wird ebenfalls oft erwähnt, als habe er Aussagen getroffen, die in Stein gemeißelt gehören. So nennt er das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 13. September 2022 „überstürzt und nicht durchdacht“ und folgert: „Damit werden Beschäftigte und Unternehmen ohne gesetzliche Konkretisierung überfordert.“

Worum geht es denn hier eigentlich?

Ironischerweise war eine generelle Arbeitszeiterfassung gar nicht das Thema, sondern bestenfalls der Ausgangspunkt des zugrunde liegenden Rechtsfalls und der Kommentare. Das Bundesarbeitsgericht sollte lediglich darüber entscheiden, ob Betriebsräte ein Initiativrecht bei der Einführung eines Systems der (elektronischen) Arbeitszeiterfassung besitzen, welches arbeitgeberseitig verweigert wurde.

Die Antwort lautet: Nein. In dem Beispielfall wurde der Antrag  durch das BAG abgelehnt – mit der Begründung, dass ein solches Initiativrecht nur dann Anwendung findet, „soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht.“

 

***Ja, und? Was bedeutet das nun? Teil 2 dieses Artikels erläutert es Ihnen.***


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