PPR 2.0 – Definitely maybe (Teil 2)

Ratlos ins neue Jahr mit der (oder ohne die?) PPR 2.0: Im Juni 2024 sollte die PPR 2.0 endlich starten.

Der bayrische Rückzieher vereitelte dies.

Im Februar 2024 legte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) endlich dem Bundesrat die zur Abstimmung benötigte „Verordnung über die Grundsätze der Personalbedarfsbemessung in der stationären Krankenpflege (Pflegepersonalbemessungsverordnung – PPBV)“ vor. Nun, so schien es, könne die PPR 2.0 bald auch offiziell an den Start gehen. Als Termin war schnell der 1.6.2024 auserkoren.

Juni gut, alles gut? Weit gefehlt. Denn nun trat das ein, was vielerorts zum „Eklat“, „Boykott“ oder schlicht zur „politischen Finte“ erklärt wurde: Im Gesundheitsausschuss des Bundesrates meldeten der Freistaat Bayern und das Land Hamburg im März Bedenken gegen die Verordnung sowie weiteren Beratungsbedarf an.

Sieben weitere Bundesländer folgten in einer Abstimmung ihrem Beispiel, so dass der Gesundheitsausschuss im Bundesrat empfahl, das Thema PPR 2.0 bei der nächsten Sitzung der Länderkammer am 22. März nicht zu behandeln.

Die Begründung

Doch was war passiert? Darüber wird gegenwärtig heftig diskutiert.

Offiziell befürchtet Bayern, die geplante Personalbemessung setze am falschen Ende an. Die eigentliche Herausforderung der Krankenhäuser bestehe nicht in der Personalbemessung, sondern darin, ausreichend Pflegepersonal zu gewinnen und zu halten. Daher seien in einem ersten Schritt zunächst Maßnahmen zu ergreifen, um die in den Krankenhäusern vorhandenen personellen Ressourcen zu stärken.

Personelle Ressourcenstärkung auf bayrisch?

Auch mittelfristig könne der Personalmangel in der Pflege nicht durch ein Personalbemessungsinstrument behoben werden. Schließlich würden dadurch keine zusätzlichen Pflegekräfte beschafft, im Gegenteil: Aufgrund der zusätzlichen Prüf- und Meldepflichten würde die Arbeitszeit der Pflegekräfte sogar für bürokratische Tätigkeiten verschwendet.

Ist die PPR 2.0 zum politischen Spielzeug geworden? Reaktionen:

Der Deutsche Pflegerat (DPR), der die PPR 2.0 seit fünf Jahren mitentwickelt und deren Erprobung begleitet hat, zeigt sich ebenso überrascht wie enttäuscht.

„Es scheint, dass die Verordnung als politisches Spielzeug im Rahmen der Krankenhausreform missbraucht wird. Das wäre äußerst schädlich und kontraproduktiv“, so Irene Maier, Vize-Präsidentin des DPR.

Es sei „bestürzend und irritierend, einerseits von der dringenden Notwendigkeit einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen für die Pflegeprofession zu sprechen, andererseits aber diese Verbesserungen zu behindern.“

Die Einführung der PPR 2.0 könne laut Maier die Arbeitsbedingungen entscheidend verbessern und sei durchaus dazu geeignet, neue Mitarbeiter für die Pflege zu gewinnen und auch ehemalige Pflegekräfte zur Rückkehr in den Pflegeberuf zu bewegen.

„Nichtstun löst die Probleme nicht. Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren. Vielleicht ist der politische Druck noch nicht groß genug, um die ernste Situation der gefährdeten Versorgung umfassend anzuerkennen.“

Irene Maier, Vize-Präsidentin des DPR

Da die PPR 2.0 digital und benutzerfreundlich sei, könne außerdem von einem hohen Bürokratieaufwand keine Rede sein. Es sei beschämend, die Bürokratie als Argument gegen die Pflegepersonalbemessungsverordnung zu verwenden und die Sicherstellung der Versorgung infrage zu stellen, anstatt sie durch deren Einführung zu gewährleisten.

Überhaupt sei es aus Sicht der Pflege unverständlich, warum kurz vor der Verabschiedung der Pflegepersonalbemessungsverordnung (PPBV) und der enthaltenen PPR 2.0 überhaupt noch darüber diskutiert werde. Schließlich liege diese seit vielen Jahren auf dem Tisch und sei das Ergebnis zahlreicher Entwicklungen und Erprobungen.

Immerhin 11 der 16 Bundesländer scheinen diese Erkenntnisse jedoch nicht auszureichen, um grünes Licht für die PPR 2.0 geben zu können: Außer den 9 „Neinsagern“ enthielten sich zwei weitere Bundesländer einer Entscheidung. Demnach finden lediglich fünf Bundesländer die PPR 2.0 gut.

Die PPR 2.0 und ihre Erprobungsberichte liegen schon seit vielen Jahren auf dem Tisch.

Bei ver.di ist man fassungslos: „Auch Bayerns Staatsregierung hat in Sonntagsreden immer wieder erklärt, die Überlastung der Pflegekräfte müsse überwunden werden. Doch jetzt will sie die entscheidende Maßnahme zur Entlastung auf den letzten Metern sabotieren. Diese Politik ist verlogen und unverantwortlich“, findet ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler.

„Hier wird eine wichtige Maßnahme blockiert, ohne dass man eine Alternative präsentiert. Was auch immer Bayern damit erreichen will, es geht auf Kosten der beruflich Pflegenden und der Pflegequalität.“ Christel Bienstein, Präsidentin des Deutschen Berufsverbandes für Pflegeberufe (DBfK).

— weiter gehts mit Teil 3 —

 

 

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