„Autoren händeringend gesucht.“ -Fortsetzung-

Nein, noch lange nicht. Denn an dieser Stelle folgt in der Regel noch das übliche eierlegendewollmilchsaumäßige Anforderungsprofil, bestehend aus mindestens 5 Jahren Projektleitererfahrung in Kombination mit einem Einstiegsjahresgehalt von < 30.000 EUR.

Wo ist das Problem?

Angeblich sucht die Branche (worunter man bis vor einiger Zeit noch Agenturen mit wortgewaltigen Mitarbeitern verstand) händeringend nach Autoren, die ein fehlerfreies und frisches Deutsch einzusetzen wissen und nebenbei über die nötige Empathie verfügen, um sich in die jeweils gewünschte und passende Tonalität eingrooven zu können.

Wie man man seit Jahren liest, sind solche Mitarbeiter vom Aussterben bedroht, werden sie abgeworben, umschmeichelt und zum Bleiben überredet. Vermittlungsagenturen reißen sich um die wenigen verfügbaren Texter, deren Bestand durch die Tatsache ausgedünnt wird, dass viele Unternehmen eigene Autoren beschäftigen, statt wie bislang Agenturen mit Wortbeiträgen zu beauftragen.

Was sucht ihr eigentlich?

Aber erfüllen wirklich viele dieser Autoren auch nur annähernd die laut Stellenbeschreibung geforderten Bedingungen? Die vielen Voraussetzungen sind kaum durch einen einzelnen Bewerber zu befriedigen. Macht aber nix, immerhin bietet das Überspringen jeden Unterpunktes dem Arbeitgeber die Möglichkeit, das spätere Zielgehalt zu drücken. Schließlich fehlen ja wichtige, im Jobprofil definierte Qualitäten.

Liebe Recruiter da draußen, überlegt euch doch bitte vor dem Verfassen eurer Ausschreibung, ob ihr einen Texter, einen Content Manager, einen Social Media-Beauftragten, einen Grafiker oder einen Projektleiter sucht. All das in Personalunion zu verlangen und potentielle Bewerber zu verschrecken ist vermutlich nicht sehr hilfreich bei eurer Suche.

Remote tut Not

Es gibt nämlich verdammt gute Texter da draußen. Man muss nur wissen, wie man sie erreicht und was man ihnen bieten sollte. Homeoffice zum Beispiel. Doch das entwickelt sich bei vielen Arbeitgebern zum Unwort, gerade so, als hätten sie in den letzten beiden Homeoffice-Jahren nicht Rekordumsätze gemacht. Elon Musk lässt grüßen.

Remote zu arbeiten ist zeitgemäß und in einer global handelnden Gesellschaft eigentlich Grundvoraussetzung vieler Jobs. Für einen Texter ist es nämlich unerheblich, ob sein Auftraggeber in Berlin oder Buxtehude, Bern oder Bali sitzt. Seine fertigen Beiträge sind in Sekundenbruchteilen am Ziel, bitte schön!

Keine Villa, sondern Freiraum

Für tägliche Besprechungen gibt es Online-Meetings  und Telefon. Einmal im Vierteljahr sieht man sich zur Terminplanung und gemeinsamem Brainstorming am runden Tisch. In Berlin oder Buxtehude. So kann Arbeit heute aussehen und so lässt man seinen Textern den nötigen Freiraum für kreative Prozesse.

Stattdessen werden noch immer Obstkörbe und veganer Brotaufstrich als Benefits verkauft – oder das schicke neue Büro in der Jugendstilvilla am anderen Ende der Republik. Wer nicht dorthin ziehen möchte oder kann, muss mal eben 700 km pendeln – oder, wahrscheinlicher, bewirbt sich gar nicht erst.

„Autoren händeringend gesucht.“ Wirklich?

Nehmen wir an, Ihr Haus sei in die Jahre gekommen und benötige ein neues Dach inklusive Gebälk. Wen würden Sie um Rat und einen Kostenvoranschlag zur Erneuerung bitten?

„Einen Dachdecker und einen Zimmermannsbetrieb“, antworten Sie? Halb verärgert, halb verunsichert. Zu banal scheint die Frage, zu sehr klingt sie nach einer Scherzfrage.

Der Allround-Handwerker

Gut, das wäre geklärt. Nehmen wir weiter an, Ihr Haus verfüge weder über gedämmte Fenster noch eine Außendrainage. Auch die Elektrik wurde beim Bau seinerzeit nicht fachmännisch verlegt und außerdem ist die Heizung veraltet. Könnte das nicht der Dachdecker gleich mit erledigen? Oder der Zimmermann? Und bei der Gelegenheit noch eine Photovoltaik-Anlage montieren?

„Wieso sollte er?“ fragen Sie? Zu Recht. Denn warum sollte ein Zimmermann oder Dachdecker Ahnung von Elektrik, Heizungen oder Photovoltaik haben? Sieht man sich jedoch Stellenbeschreibungen von Autoren, Content Creators oder Content Managern an, kommt man nicht umhin, sich die Augen zu reiben.

Medienmonster gesucht

Mal wird Erfahrung im Drehen und Bearbeiten von Videos vorausgesetzt, mal soll der gesuchte Mitarbeiter ein Tiktok-Fanatiker oder Influencer sein. Die vier gängigsten Bildbearbeitungsprogramme ebenso beherrschen wie die wichtigsten Content-Management-Systeme und Mac-Systeme.

Geht es nach den Job-Ausschreibungen, sollte sich ein Autor in seiner Freizeit (nach seinem Master-Studium in Journalismus oder Medienwissenschaften) hauptsächlich auf verschiedenen Social-Media-Plattformen herumtreiben und je nach Branche Mode-, Elektronik-, Gesellschafts-, Food-, Health- oder sonstige Trends vor allen andern aufspüren.

Do you parla francais in fließendem Übergang?

Und natürlich fließend von Deutsch zu Englisch oder anderen Sprachen wechseln. Schließlich werden vielen Jobangebote nur noch auf Englisch veröffentlicht und finden anscheinend selbst in kleinen Unternehmen wöchentlich Meetings mit Projektleitern in Übersee statt.

SEO sollte man heutzutage nicht nur beim Verfassen und Redigieren von Online-Texten beachten, sondern auch mit geläufigen Tools auswerten können. Und Business-KPIs erkennen, die UX verbessern und den USP des Unternehmens herausstellen. Alles klar?

 

. . .

Bye bye Pflege (Teil 4)

Die Realität sieht derzeit anders aus. Während der Pandemie wurden im Pflegebereich teilweise Arbeitszeit- und Schutzgesetze sowie Pflegepersonal-Untergrenzen ausgesetzt, um Mehrarbeit und durchgearbeitete Wochenenden zu ermöglichen. Alte, vorerkrankte und sogar positiv getestete Mitarbeiter mussten zum Dienst erscheinen, weil sie nicht abkömmlich waren.

Im Berliner Humboldt-Klinikum durften sich die Beschäftigten nach einem Ausbruch der Coronavirus-Mutation B.1.1.7. innerhalb einer Pendelquarantäne im Januar 2021 nur zwischen der Klinik und ihrem Zuhause bewegen. Essen, schlafen, arbeiten.

Pflegen statt Fliegen

Ein anderes bekanntes Berliner Klinikum – die Charité – stockte vorübergehend den Personalbestand im Pflegedienst durch Flugbegleiterinnen auf, die sich in Kurzarbeit befanden. So konnten Fachpflegekräfte entlastet werden und die Intensivstationen unterstützen.

Viele Lösungen sind und waren improvisiert und dem Corona-Virus geschuldet. Doch auch unabhängig vom Pandemiegeschehen fehlt es seit langer Zeit an vielem. An besserer Qualifikation durch Aus- und Fortbildung zum Beispiel oder an der Übertragung von Verantwortung.

Qualifizierung als Anreiz

„Weil die Pflege ein Assistenzberuf ist, müssen Ärzte fast alles erstmal abnicken“, so die Professorin Henrikje Stanze von der Hochschule Bremen. Da Pflegekräfte jedoch eigene Kompetenzbereiche haben, wird an ihrer Fakultät seit dem Wintersemester 2019/2020 Deutschlands erster international anerkannter Vollzeit-Pflegestudiengang angeboten.

Das auf acht Semester ausgelegte Studium mit dem Abschluss Bachelor of Science umfasst Theorie- und Praxisphasen und ein verpflichtendes Auslandssemester. So erhalten Studierende Einblick in die Organisation anderer Länder und Wissen über dort übliche Hilfsmittel und Behandlungsmöglichkeiten. Da der Studiengang international angelegt ist, können auch ausländische Studierende ihn besuchen – und so den Einstieg in die deutsche Pflegebranche finden.

 

*** Welche Ansätze existieren außerdem? Teil 5 schließt das Thema (vorläufig) ab. ***


Als Freelancer recherchiere ich regelmäßig zu gesellschaftlichen Themen und verfasse im Auftrag Dritter Sachtexte wie diesen. Falls auch Sie einen Ghostwriter für Texte suchen, kontaktieren Sie mich einfach über den Menüpunkt Freelancer Text.